Der wilde Garten

Andere Menschen lesen täglich die Zeitung, ich lese Ricardas Kiels Kompost. Und je länger das zu meiner täglichen Routine geworden ist, desto lauter wurde in mir die Stimme, die sagte: “Ich will auch, ich will auch!” Und siehe da, hier ist es nun: mein eigenes kompostartiges Format: der wilde Garten. Ein Ort, an dem ich Gedanken, Bilder, Impulse, Sätze, Lieder und anderes Material sammle, das bei mir im Laufe des Tages einen Ein- oder Abdruck hinterlassen hat. Beobachtetes, Gedachtes, Gefühltes, Gelebtes. Ohne Plan, ohne Ziel, wild ausgesät, online eingepflanzt, ungejätete Beete. Neben der Lückenlyrik ermögliche ich mir selbst mit dem wilden Garten ein weiteres Experiment für eine regelmäßige Schreibpraxis.

07.11.24

What a time to be alive.

Nicht ohnmächtig werden. Nicht resignieren. Alle Ressourcen mobilisieren. Solidarisch sein und bleiben. Gemeinsame Utopien in Machbares übersetzen. Sichtbar bleiben. Laut und sanft. Radikal und weich. Zusammen die Hoffnungsmaschine anschmeißen.

'Erinnere dich an die Liebe'
Schreibe ich
Der Filzstift quietscht wie ein tropischer Vogel
Hörst du mich

Ja, ich hör' dich, und ich schwör'
Ich schlaf' nie wieder ein
Ich fühl mich machtlos, rastlos
Räum nachts noch die Hoffnungsmaschine ein

Oh yeah
Lass die Hoffnungsmaschine laufen
Die Hoffnungsmaschine
Lass die Hoffnungsmaschine laufen

Lass die Hoffnungsmaschine laufen
Die Hoffnungsmaschine
Lass die Hoffnungsmaschine laufen

Steht auf deiner Liste oben die Liebe
Lass da als zweites stehen: 'Steh auf'
Und drittens: 'ein Jeder ist verantwortlich
Auch die, die gar nichts glauben'
Wie der Wind hinterm Kino
Umkippt ein Klavier, so soll es pfeifen
(Even more elegant than a question mark)

Schreib eine Zeile pro Tag
In die Hoffnungsautomat-Gebrauchsanweisung
Rufzeichen

Oh yeah
Lass die Hoffnungsmaschine laufen
Die Hoffnungsmaschine
Lass die Hoffnungsmaschine laufen

Lass die Hoffnungsmaschine laufen
Die Hoffnungsmaschine
Lass die Hoffnungsmaschine laufen

'Erinnere dich an die Liebe'
Schreibe ich
Eine Zeile pro Tag
In die Hoffnungsautomat Gebrauchsanweisung

Oh yeah
Lass die Hoffnungsmaschine laufen
Die Hoffnungsmaschine
Lass die Hoffnungsmaschine laufen

Lass die Hoffnungsmaschine laufen
Die Hoffnungsmaschine
Lass die Hoffnungsmaschine laufen
Oh yeah

– Erdmöbel feat. Judith Holofernes –

05.11.24

Wenn Sophie Hunger auf Schweizerdeutsch singt, fühlt es sich nach Heimat heim. Dazu das riesige, rostfarbene Ahornblatt, das im Takt über die Motorhaube tanzt.

Die zwei Männer, die allein auf dem Gehweg unterwegs waren, waren eine skurrile Augenweide mit ihrem Partnerlook: weiße Turnschuhe (natürlich), Hosen mit einem abstrakten Muster aus grau-blau fließenden Formen, eine Steppjacke königsblau, die andere kürbisorange, zwei neongelbe Wollmützen. Ernie und Bert in Hipstergestalt.

Jetzt ist der Ginkgo fast entblättert, aber ein paar gelbe Farbtupfer sind noch zu sehen.

Das Verputzen der Fassaden auf der großen Baustelle klingt fast so wie die Rufe der davonziehenden Kraniche.

Freundinnenschaft an einem duften Abend zelebrieren. Und alles daran lieben, einfach alles!

Doppelstandards suck.

03.11.24

Lückenlyrik ist zurück! Und sie im Zine-Format gedruckt zu sehen und in die freie Wildbahn zu entlassen, das ist ein sehr gutes Gefühl.

Überhaupt, Zines! So ein geiles Format. Mehr davon, mehr!

Bilder, Farben, Lichter, Schatten, Muster, Texturen, Formen: alles inhalieren.

Gelprinting hittet noch immer sehr. Wenn Motive sich gut auf die Platte übertragen lassen, wenn die Farben sich random verschmelzen lassen, wenn sich das Papier langsam löst und selbst das Salbeiblatt einen Grunge-Look an den Tag legt, dann ist das pures Stimmungshoch.

Irgendwo gelesen, dass Ginkgo-Bäume angeblich alle ihre Blätter an einem einzigen Tag abwerfen. Stimmt nicht. Der Lieblings-Ginkgo füllt den gelben Teppich auf den Pflastersteinen seit Tagen mehr und mehr.

Der Abendschleier in Altrosa über allem, der versöhnt mich ein bisschen mit der frühen Dunkelheit.

Übergänge sind einfach nicht mein Ding. Ankommen, Verabschieden, alles oft akward moments. Ich bin lieber da.

Das Gespräch darüber, wie oft Mädchen in jüngeren Jahren eben doch weniger Probleme damit hätten, still zu sitzen und zu sein und nicht zu stören. “Aber wer weiß, aufmerksam sind sie vielleicht trotzdem nicht.” Ja, kann ich bestätigen, denn während du sprichst, war ich schon wieder zehnmal in meinem Kopf spazieren und hab über alles mögliche nachgedacht, aber dich dabei trotzdem vermeintlich aufmerksam angelächelt, vielleicht sogar zustimmend genickt. Und weißt du, Masking ist so energieraubend. Und was diese ganze soziale Anpassung dauerhaft mit Menschen macht, das siehst du dann spätestens, wenn sie erwachsen sind.

02.11.24

Der Herbst hat die Kreativitätsschleusen so weit geöffnet, dass es schon wieder an Exzess grenzt. Und ich lasse Geist und Körper tun, was sie tun müssen, damit das Bitzeln und Lodern im Kopf aufhört. Sollen sich die Anderen doch in Balance üben, ich übe mich gerade in Prozessfülle. Die Ergebnisfülle ist dabei zweitrangig.

Zines! Endlich wieder Bock auf Zines! Lückenlyrik, Monatsrückblicke, Italien. Zum Falten, Blättern, Anfassen. So eine Zine-Tauschparty wäre toll. Heftchen gegen Heftchen, 8 Miniaturen zum Sammeln, Bestaunen und Besprechen. Vielleicht auch als Überraschungsheftchen, eingetütet und aus dem Automaten. Das wär’s.

Abende mit Wärmflasche, Malzkaffee, Buch und Jazz-Playlist sind zurück. Wie friedlich und wie überaus wertvoll sie sich anfühlen. Ein Schatz zum Tagesausklang.

Über die Vorteile der eigenen vier Wände wird insgesamt auch viel zu wenig gesprochen. Und das Konzept, allein, aber nicht einsam zu wohnen, wird viel zu wenig als Option sichtbar gemacht, insbesondere in Kombination mit romantischen Paarbeziehungen. Eigener Space ist krasser Luxus und Freigeister können darin manchmal so viel besser herumspuken als mit Mitbewohner:innen.

Wie schön die Vielfalt der Gemüse- und Obstnetze ist. Es gibt sie in braun, weinrot, weiß, ja sogar in lila. In grobmaschig, engmaschig, quer, gerade, flexibel, starr, dick und dünn. Das Netz mit dem bunten Zwiebelmix war heute mein Favorit.

Was Emilia Roig in ihrem Essay “Lieben” schreibt: “Eine Beziehung, die frei ist von dem Druck, finanzielle, soziale, wirtschaftliche oder politische Ziele zu erreichen, steht im starken Kontrast zu den anderen persönlichen Beziehungen in unserer Gesellschaft: der zwischen Ehepartnerinnen, zwischen Eltern und Kind, Bürgerin und Statt, Arbeitgeberin und Arbeitnehmer. In ihrer sogenannten Nutzlosigkeit haben Freundschaft etwas Antikapitalistisches an sich, weil sie die utilitaristische Logik des kapitalistischen Systems weitestgehend unterlaufen. So existieren sie beispielsweise außerhalb normierter Zeit: Mit meinen Freund*innen feiere ich keinen Jahrestag, habe weder Rituale für erreichte Meilensteine noch Angst vor dem Ende unserer Beziehung. Nur selten denken wir an die Freiheit, die mit dieser Zeitlosigkeit einhergeht.” Lieb’s!

27.10.24

Die heliumgefüllte Schlange in Form einer Drei steigt zusammen mit einer Frau in den Zug ein. Sie achtet darauf, dass die Schlange auf dem Sitz neben ihr nicht die Sitzhöhe übersteigt. Schade eigentlich, ich wäre sehr dafür, dass Heliumtiere in Zügen umherschweben. Einzeln und im Rudel. Und dass man vielleicht Rabatt bekommt, wenn man ein lustiges Tier mit sich führt, das andere Zufahrende zum Lächeln bringt.

Halloumi und gebratene Auberginen. So schmeckt der Herbst.

“Du riechst nach Zuhause.” “Und du nach Dattel.”

Wenn man beim Kündigen von Abos automatisiert nach den Gründen für die Kündigung gefragt wird, sollte es ein Antwortfeld geben, dass sagt “Ich habe ADHS und verliere daher schlagartig und scheinbar grundlos das Interesse an Dingen und Tätigkeiten.”

Oooh, der halbierte Apfel macht mich so froh! Wie er mich an die Zeichnungen des Künstlers erinnert, dessen Namen ich vergessen habe, und die Sarah Kirschs “Kuckuslichtnelken” so herrlich zieren.

Auf “Und ich” - die Anthologie von Maria-Christina Piwowarksi - habe ich mich sehr, sehr lange gefreut und sie nun in einer meiner liebsten Buchhandlungen gekauft, ohne sie bestellen zu müssen, weil das Sortiment da einfach so geil ist, dass die Anthologie auf dem ersten Tisch im Laden thronte. Dass schon allein das Vorwort mich so packen würde, habe ich nicht kommen sehen (und dabei weiß ich doch ganz genau, was Maria-Christina für eine Meisterin darin ist, mit Worten tiefe Gefühle auszulösen. Ohne Kitsch und Pathos, dafür mit viel, viel Wärme. Und die ersten beiden Beiträge in dem Band haben mich schluchzen lassen und mich mit Demut und Dankbarkeit erfüllt. Ich habe Füße und ich kann sie benutzen und von A nach B und C und Rom gehen.

Gelprint ist zurück und huiiii, das Dopamin, das sprudelt!

Sanftheit kultivieren. Täglich.

24.10.24

“Das ist die Schule der magischen Tiere!” Musikalische Lesungen sind mir vielleicht die liebsten. Und na klar wird da geweint, wenn der Hall der Kinderstimmen zwischen den Kirchenmauern hin und her schwebt. ”Kann mich irgendjemand hör’n?” Margit Auer meinte übrigens, dass sie an einem Band ca. 3 Monate schreibt. Macht bis zu 4 Bücher pro Jahr. Wir erzählen das besser nicht dem Clemens M., nicht dass der wieder wütend wird.

Okay, also langsam wird mir das zu wild mit den morgendlichen Schulhoferlebnissen. Ein Lama, echt jetzt???

Aber diese besondere Intensität kurz vor der Dämmerung, die fühlt sich heute noch so besonders an wie zu Jugendzeiten. Der blauschwarze, sternenbepunktete Schleier über allem, die Amseln, die nicht singen, sondern nur tschirpen, und das Gefühl, dass die Welt gerade mit wichtigeren Dingen als den menschlichen beschäftigt ist.

Der kleine Porzellanbecher auf dem Altpapiercontainer mit seinen gedeckten Farben und dem herrlich altmodischen Blumenmuster, der hat sich dann in meiner Gürteltasche angefühlt wie der wertvollste Schatz ever.

Lernen. Das sollte eine bezahlte Tätigkeit, also ein Beruf sein. Einfach lernen. Es gibt noch so. Viel. Zu. Lernen.

23.10.24

Traurig, wie die kraftlose Wespe hoffnungsvoll um den Kunstlavendel schwirrt.

Oktoberlicht wäre jetzt auch wieder was zum Abfüllen in Flaschen. Würde es dann gern mal neben das Mailicht stellen und schauen, worin die beiden sich unterscheiden. Und ob sie in der Sonne unterschiedlich strahlen. Und wie beides in der Dämmerung aussieht. Und was dabei herauskommt, wenn man beides mischt.

Ein für allemal: Behinderungen sind keine Krankheiten!

Der Schreibmonat aus dem Frühjahr, der wirkt immer noch nach. Die Verbindungen bestehen weiter, die Playlists kicken noch (bzw. wieder), die Impulse und Ideen sind noch da. Und das Vertrauen, dass es “nur” das richtige (im Sinne von für mich passende) Setting und Umfeld braucht, um die Schreibschleusen zu öffnen. Und Rückenwind.

“Eene meene Kuchenschreck, die Schreibschrift her, die Druckschrift weg!”

Punk Chicks.

21.10.24

Das Sicherheitsgefühl, das Sich(Mir)-Selbst-Genügen, das Nicht-verlassen-in-einem-dunklen-Tunnel-stehen, das kommt dann zurück, wenn der Kreativschalter wieder ON ist. Und plötzlich fließt es, die Bilder strömen auf dem Bildschirm ineinander, die Funken dürfen aus dem Gedankenkäfig rausrausraus, das elektrische Bitzeln hört auf und mit jeder gespeicherten Datei und den unzähligen Versionen davon kehrt Ruhe in meinen Körper, das Nervensystem kommt aus dem Alarmmodus, die Sirenen hören auf zu schreien und eine tiefe Ruhe sickert nebelartig durch mich durch. Der Sport tut sein Übriges - der Dopaminspeicher ist dann sogar für den alltäglichen Hustle prall genug gefüllt. So komme ich klar. Das ist kein Firlefanz zum puren Vergnügen. Das ist Lebensstrategie und unabdingbare Notwendigkeit. Das Ergebnis ist zweitrangig, es geht vor allem um den Prozess. Um die geöffneten Ventile, um das Fließen, das Rauschen, das Step-by-Step-ooh-Baby.

20.10.24

Weiß gar nicht, wieso genau mich das eigentlich so frustriert, dass tatsächlich Ruhe, Sport und Zeit im Wald so sehr Energie und gute Laune boosten. Ist einfach und kostet nüscht, muss man aber halt auch aktiv machen. Hätten mal Sofa und Bücher denselben Effekt!

Apropos Sofa und Bücher: Lesen im Bett am Wochenende aber auch einfach nach wie vor der größte persönliche Luxus. Und immer ein guter Hinweis darauf, wie es gerade so steht um die Selbstfürsorge.

Lasst uns vieeeel weniger über Clemens und seine Kindergarten-Moves reden und stattdessen Martina Hefter und ihr Buch feiern. “Hey guten Morgen, wie geht es dir?” hat so einen schönen Ton, die Themen, die unterschiedlicher nicht sein können, werden auf so feine Art und Weise zu einer Lebensrealität der Protagonistin verwoben, dazu eine gehörige Portion melancholische Tagträumerei, gepaart mit Softness, Liebe zur Kunst und Gedanken rund um das Altern als Frau in unserer Gesellschaft. Hach.

Dieser Moment im Wald, als das einzelne Buchenblatt über den Weg geschwebtanzt ist, der war einfach nur magisch. Also natürlich war es Spinnweben-Action, aber die Illusion war absolut perfekt.

Perfekt war auch das Zucker-Zimt-Verhältnis auf dem Milchreis.

18.10.24

Ich kann verstehen, wenn man nach einer Preisverleihung enttäuscht ist, weil man leer ausgegangen ist. Aber ein fairer Verlierer stellt sich doch nicht öffentlich hin und sagt, dass er das Jury-Urteil für eine Fehlentscheidung hält. Was für ein Zirkus. Oder???

Okay, ja, eine Pause zum Durchatmen ist nötig, ich seh’s ja ein, Körper, die Botschaft ist angekommen, jetzt lass mich in Ruhe ruhen.

Ein anderes Schulkind im Halbdunkeln: “Wie kann man um diese Uhrzeit so schnell rennen?” Und wie kann man um diese Uhrzeit in einem Klassenzimmer sitzen und irgendwas lernen? Der einzige, der hier für irgendwas ready ist, ist der Mond.

Wie wohltuend das sein muss, in irgendwas eine stabile Langzeitroutine zu entwickeln. Die sich auch von Krankheit, Urlaub oder anderen kleineren Umbrüchen völlig unbeeindruckt zeigt. Bei der das Gehirn nicht sagt: “Gehe zurück auf Los und fange bei Null an.” Darum beneide ich Menschen außerhalb des Neurospicy-Clubs wirklich sehr.

Das ewige Pendeln zwischen Rastlosigkeit und Starre, Produktivität und Prokrastination, Turboantrieb und Lethargie, Schwarzmalerei und Euphoriewellen, also das würde ich gern beim Schrottwichteln verschenken.

17.10.24

Brutalism & Acid Design it is. Ciao, ich bin dann mal im Kaninchenbau!

Die beiden Kinder, die in der Morgendämmerung vor der Schule zueinander meinten: “Ich würde jetzt lieber im Bett liegen und schlafen.” “Ich auch.” Und ich auch. Herbst-Sonnenaufgänge sind aber jeden Morgen eine kleine Entschädigung dafür, im Dunkeln aufzustehen.

Das Tiergetrappel lässt nachts endlich nach. Mach doch bitte Winterschlaf, wer auch immer du bist. Oder geh ins Igelhotel, da wohnen bisher nur Spinnen. Gründet eine WG!

Schweinsohr oder Schweineohr - das ist hier die Frage.

Alle Kunstkanäle sind gerade wieder weit offen. Die Lyrikbrille im Alltag ist langsam nicht mehr milchig-trüb. Es purzelt noch nix raus, aber es bitzelt und kribbelt und surrt und ab und an glimmt es.

Mein SUB ist inzwischen so absurd hoch, dass ich mich frage, wann konkret ich das alles lesen soll. 2024 war so ein krasses Jahr mit so unfassbar vielen lesenswerten Neuerscheinungen. Ein wirklich gutes Bücherjahr.

16.10.24

Die Kraniche, sie fliegen wieder und rufen laut. Jetzt ist’s Herbst.

Oh, der Traum vom Zuspätindieschulekommen hat jetzt auch kleine Protagonisten. WTF, was ist denn das mit der Angst, nicht pünktlich zu sein?

Ab heute snacke ich jeglichen Buchmesse-Content, der mir auf den Screen kommt! Und ja, ich betrachte Buchpreise durchaus kritisch, aber die Tatsache, dass ein Titel dann einfach flächendeckend ausverkauft ist, ist doch geil! Ich stelle mir Deutschlands Buchhandlungen als Punkte auf der Landkarte vor, in die aus allen Himmelsrichtungen magnetartig einzelne Menschen strömen und mit Buch unterm Arm/im Rucksack/in der Tasche wieder herausfedern. Und natürlich werde ich nun endlich “Die Vegetarierin” lesen, das ist doch klar. Also, wenn es wieder lieferbar ist.

Die Zeitfenster sind zu klein, der Geist ist zu unruhig, der Körper zu müde, die Konzentration zu flüchtig. Ich warte weiter auf den Moment, an dem die Herbstruhe in mich hineinsickert. Und dann kommen sie, die Monate des Lesens, Schreibens, Malens, Werkelns. Das mit dem Weihnachtsgeschenk, das jetzt schon fertig ist und das sich wie ein persönlicher Triumph anfühlt, das war doch schon mal ein guter Anfang.

Gelandet im Kaninchenbau von Brutalism Graphic Design. Hallo, Gehirn, das wäre ein Hyperfokus-Angebot, wie schaut’s aus?

13.10.24

  • Wenn ich alt bin, möchte ich so kraftvoll und stilsicher durchs Leben gehen wie die italienische Dame, die mir im Vaporetto gegenübersaß. Mit knallroten Lippen, wilder Mähne und feurigem Blick.

  • Von der vegetarischen Lasagne mit Pilzen, deren Namen ich schon wieder vergessen habe, und einer unverschämt cremigen Trüffelsoße werde ich noch lange träumen. Von Supplì auch.

  • Ein Alptraum war hingegen das letzte Vanilleeis vor der Abreise.

  • Die Möwen am Strand von Lido sind wirklich fierce. Die Tauben auch. Wie die Taube sich rotzefrech einfach das letzte Stück Pizza vom Tisch gemopst hat, nur um es dann an die Riesenmöwe abtreten zu müssen, das war ein Schauspiel.

  • Überhaupt, Lido im Oktober. Wind, Wellenrauschen, ein Muschelmeer am Strand und die Bagger, die in Sachen Lärm und Gestank Baustellenflair verbreitet haben. Ein eigenwilliger Mix.

  • Wie herzlich Kinder in Italien im öffentlichen Raum behandelt werden. Das ist wirklich einfach nur Balsam für die Elternseele.

  • Die Fülle an Queerness in Rom - hach.

  • Wenn sich die Gebäude am Markusplatz im Restwasser spiegeln, dann kann das schon mal dazu führen, dass auch der Wasserpegel in den Augen spontan ansteigt.

  • Pubs sind einfach Wohlfühlorte für mich.

  • Italienische Bücher überzeugen schon allein durch ihre Typografie.

  • Die Fotos reichen mindestens für 3 Jahreskalender. In der Arte-Doku gab es diesen einen Fotografen, der Venedig beruflich in Bildern festhält. Große Lust, es ihm gleich zu tun.

  • Kann sich eine Stadt, in der man erst zweimal war, schon wie Zuhause anfühlen?

02.10.24

Die Schafe sind wieder da! Wie sie mich mit ernsten Mienen über den klickenden Elektrozaun hinweg angucken. Als würden sie fragen, was das eigentlich soll, dass da jetzt mitten auf der leeren Straße ein Auto steht und daneben ein Mensch mit dem Handy in der Hand wie ein völlig überdrehter Fan. Ja, Schafe, ich bin Fan von euch, und deshalb stehe ich hier verzückt im Nieselregen! Mindestens zweimal im Jahr übernehmen sie die Herrschaft am Hang, grasen alles ab und blöken und sehen so friedlich aus dabei. Sanft und wollig. Noch mehr im Schafsmodus die Welt begreifen. Sanft und soft.

Wie unterschiedlich Menschen ein Buch lesen! Wie sehr alles, was wir im Gepäck haben und wie wir leben, als Brille auf unserer Nase hockt und das Gelesene einfärbt. Und wie schön das ist, wenn sich die Farbe der Brille auf der eigenen Nase zu verändern beginnt, wenn ein Mensch mit einer anderen Brille Gedanken teilt. Buchclub, du bist so ein Gewinn, ey!

Und wenn mich jemand fragen würde, worum es in Miranda Julys “Auf allen Vieren” denn nun geht, würde ich sagen: Übergänge. Kleine, mittlere und große. Banale und bedeutsame. Fließende und eruptionsartige.

30.09.24

Dieser seit Jahrzehnten wiederkehrende Traum, in dem ich morgens hektisch und unvorbereitet zu irgendeiner Klausur in die Schule fahre, im Rucksack eine riesige Versagensangst. Meistens Physik (da oft den Bus verpasst und in Windeseile den Drahtesel gesattelt), heute zur Abwechslung Mathe. Aha. Beim Blick aus dem Klassenzimmer beobachtet, wie menschengroße Schnapsflaschen im Plattenbau gegenüber mit dem LKW angeliefert wurden. Integrale und Destillate. Na, warum eigentlich nicht.

25.09.24

Die Schnecke auf der Rennbahn am Morgen, na die traut sich ja was. Macht die sich jetzt einfach in ihrem Tempo auf Bahn 3 auf den Weg? Egal, ob andere sie überholen, über sie drübersprinten und sie das Vibrieren der vorbeizischenden Schritte spürt. Sie zieht los, gemächlich, so, wie sie eben gerade kann. Vielleicht auch gar nicht kerzengeradeaus, sondern wild umhermäandernd. Und dann wird sie irgendwo ankommen. Und dort wird es gut sein.

Und überhaupt, mehr Anerkennung für ein Leben im Schneckenmodus. Viel, viel, viel weniger Schnellerhöherweiter. Weniger Lebensläufe, mehr Lebensverläufe. Mit Gabelungen, Umwegen, Sackgassen, Haltestellen, Dickicht und Gestrüpp.

22.09.24

Jetzt steht er da vorn, der Freund, 20 Jahre älter, in seinem Erwachsenen-Outfit, das an ihm nicht wie eine Verkleidung wirkt. Das ist kein Kostüm und sein erwachsener Job und die Professionalität, mit der er ihn ausübt, sind keine Rolle. Beeindruckend.

17.09.24

Impulsivität als großer Klumpen, ein gummiartiges Konglomerat aus verschiedenen kleineren Gefühlskugeln. Die Wut, die Angst, die Traurigkeit, sie und viele andere kleben aneinander und lassen die Zeit zwischen Aktion und Reaktion auf Null schrumpfen. Vielleicht kann der Klumpen aufgesplittet werden. Vielleicht ist er aber auch noch dienlich und lässt sich gar nicht teilen, sondern zieht in sich nur zähe Gummibänder in die Länge.

11.09.24

Herzlichkeit, Freundlichkeit und Menschlichkeit als universale Sprachen, die einfach überall funktionieren, die Brücken bauen und so viel mehr sagen können, als in irgendeinem Wörterbuch an Einträgen zu finden ist.

Den Herbstkoffer mit all der Liebe, Aufregung, Vorfreude und den kleinen Italienisch-Kenntnissen ausgepackt. Was für ein gutes, tiefes Leben einfach!

02.09.24

Gut, wir halten also fest: Der Sommer ist nicht meine Zeit zum Schreiben. Der Sommer ist meine Zeit zum Sein. Geringer Output an allen kreativen Fronten (auch an der Lückenlyrik). Mittlerweile weiß ich aber, dass das nur eine Art Sommerschlaf ist, ein Durchatmen, ein Luftreinlassen, ein Imaußensein. Eine Haltestelle, keine Endstation. Und jetzt, wo das Licht schon so einen ganz leicht goldenen Schimmer bekommt, wo die Morgenstunden schon knackig-kalt auf dem Fahrrad sind und der Herbst seine Schatten sanft vorauswirft, da kommt es wieder, das kreative Kribbeln, das gedankliche Zappeln mit dem Wunsch, wieder nach Worten zu suchen, mehr in mir als im Außen zu forschen und das Innere wiederum auszudrücken. Fotos sind aktuell noch nicht Teil davon, vielleicht kommt das auch wieder, vielleicht wandelt das Gartenformat sich auch. Ich erlaube mir alles, was sein will.

“Können wir nicht noch ein Stündchen bodydoublen?”

Über Raben gelesen, die gelernt haben, Zigarettenstummel aufzusammeln, sie in Automaten zu stecken und daraus dann mit Futter belohnt zu werden. Saubere Städte, but make it fun for the birds.

“Il cane di Matthias ha un’agenda.” Armer Hund.

19.06.24

Und der Schreibmotor, der ist an den guten Tagen eher lahm. Der spart seinen Treibstoff auf für die Tage, an denen es Dinge zu verarbeiten, zu sortieren, einzuordnen gibt. Ansonsten ist er eher im Energiesparmodus – und das ist okay.

Eine Sprachnachricht unterbrochen, um eine Schnecke zu fotografieren, deren braunes Gehäuse aussieht, als hätte es sich im Chamäleon-Modus seiner Umgebung angepasst.

An die Hand genommen werden – ein gutes Gefühl.

18.06.24

Dieses kleine Stupsen und Schubsen aus der Komfortzone heraus - wie gut das im Nachhinein tut und wie wichtig das ist. Nicht in riesigen Schritten, sondern in kleinen Hüpfern, die die Angst überlisten.

Demut. Ein Gefühl oder eine Haltung, über das/über die insgesamt auch viel zu wenig gesprochen wird. Eingewoben in ein Knäuel aus Gefühlen von Dankbarkeit bis Melancholie.

17.06.24

Wut als Gestaltwandlerin, die sich in vielerlei Formen zeigt und aus einer kaleidoskopischen Bandbreite an Mangelerscheinungen heraus wuchern kann. Wut als Zeigerpflanze, die auf andere Emotionen wie Angst hinweist und sie mitunter lautstark überlagert. Wut als Helferin, als Sprachrohr mit Daseinsberechtigung. Wut als Kraftquelle, als Achtungsschild mit Signalwirkung. Eine gute Sache, wenn man das mal genauer betrachtet.

16.06.24

Sonntagmorgen zwischen 7 und 9 Uhr, das ist vielleicht das schönste Zeitfenster der gesamten Woche. Vor allem, wenn man dieses Schlupfloch im Alltags-Hustle mit Vogelgezwitscher und einem Buch seiner Wahl füllen kann. Verschwenderisch und privilegiert.

Das frische Harz am Lärchenzapfen, das hätte ich gern als Raumspray.

Kirschkernweitspucken im Wald. Und 100 Meter weiter wächst tatsächlich einfach so ein Kirschbaum. Ob da auch mal jemand vor Ewigkeiten Kirschkerne weitgespuckt hat?

Das Baby im Wagen klingt so wie das Jaulen der Grashalme zwischen unseren Daumen.

“So ein Grashalm ist wirklich toll.”

15.06.24

Musik macht dann am meisten Spaß, wenn der Körper übers Hören hinaus involviert ist. Wenn der Bass unter den Füßen vibriert, die Stimme vom Singen heiser wird und die Hüften vom Tanzen weh tun. Und das alles einfach nur im Wohnzimmer.

Und die Kiefer, die wippt im Takt des Juniwindes locker aus der Hüfte.

14.06.24

Zugehörigkeit ist mitunter auch sehr fluide. In Gruppen rein- und rausfließen, umhermäandern, in unterschiedlichen Kontexten zugehörig sein oder eben auch nicht.

Der Doldenblütler, der seine weißen Blüten wie einen Schirm aufspannt. wie ein Himmelszelt, an dem die Sterne strahlen.

13.06.24

Dieses Lied im Radio und plötzlich ist es 2003 und du sitzt im Dunkeln auf der Fensterbank deiner besten Freundin und der Rauch weht durch die Nachtluft und die Melancholie durch dein liebeskummergetränktes Herz.

Der Himmel ist blau und die Stimmung ist es auch.

Der Kreativschalter, der ist irgendwie gerade im Off-Modus. Genauso wie der Blogschalter, der Reiseschalter und der Lyrikschalter. Der Sportschalter, der ist dafür deutlich an. Immerhin.

12.06.24

Es gibt sie also: Menschen, die sich beim Denken nicht selbst in ihrem Kopf hören. LIKE HOW??? Wie denkt man, ohne die Gedanken zu hören? Wie fühlt sich Stille im Kopf an? Und möchte mal jemand für einen Tag tauschen? Soundtrack gibt’s inklusive!

Kulleraugen, Breihände und eine grinsebackige Zuckerschnute.

11.06.24

Pendeln zwischen Verzweiflung, Eskapismus, Wut und Hoffnung. Mussten es denn wirklich SO viele blau-braune Zitronen für Europa sein? Wie viel Limo können wir daraus denn machen?

Unmasking gegen das Weirdo-Gefühl. Funktioniert ausgezeichnet mit den Menschen, die den Sicherheitsrahmen aufspannen und halten.

Die Fritzchen-Witze werden immer länger und auch immer lustiger.

Ich packe meinen Herbstkoffer und nehme mit: Liebe, Aufregung, Vorfreude und die kleinen Italienisch-Kenntnisse.

Ein buntes Softeis mit richtig bunten Knisterstreuseln sein, das in der Sonne schmilzt.

10.06.24

The quick brown fox jumps over the lazy dog. Und lazy isser sehr.

09.06.24

Wie der kleine Brunnen in der Innenstadt am Sonntagmorgen fröhlich plätschert, das hat was dörflich-friedliches, das mich heiter stimmt.

Überhaupt: so wenige Autos heute, so viele Fußgänger:innen. Schlendernd, vor Schaufenstern, in Cafés und davor. Optimale Dosierung an Eindrücken und Reizen ohne Overload. Wie machen die Großstadt-Menschen das? Wohin mit all den Farben, Geräuschen, Gerüchen, den Anderen und einem selbst?

Eine Vernissage, in der 1/3 des ausstellenden Kollektivs einfach konsequent nicht erwähnt wurde (weil waren halt nicht nur Künstler, verdammt nochmal!). Verguckt in eine künstlerisch bearbeitete Fichte und das Lindengeflüster und überhaupt allerlei Hölzernes. Und die Apfelkeramik, die war auch zum Niederknien.

Ein Spinnennetz, das als Hängematte für die Fliegen dient.

Das Waschbär-Baby hat im Traum ganz schön für Chaos gesorgt. Fußtapsen an der Decke, Risse in der Tapete und dann noch ein perfekt rechteckiger Durchbruch mitten in der Wand. Gefangen wurde das Waschbärchen dann mit einem Jutesack mit Weihnachtsmann-Motiv.

“Ich bin kein Spatz, sondern ein Schmatz”

08.06.24

Regenbögen on fleek.

Eiswaffeln sollten standardmäßig einen bunten Streuselrand haben, weil warum auch nicht.

Pink und Rosa und noch mehr Pink und dazwischen Gold und Glitzer.

Heieieiei, der Lavendel ist aber auch wirklich gerade ein Traum überall!

07.06.24

hibbeln - bibbern - blubbern - plappern

Die Blumen sind schwer in love.

Der Fuchs ist einfach in die Bahn gehüpft und hat dort ein kleines Rucksack-Picknick machen wollen. Am Reißverschluss ist er allerdings gescheitert. Eine Fahrkarte hatte er nicht dabei, also durfte er auch nicht mitfahren. Bahn-Trip für ihn so 1 von 10, würde ich sagen.

06.06.24

Was Kinder oft zu hören bekommen: “Sei nicht so neugierig!” Was für ein Blödsinn. Seid neugierig, so viel ihr könnt. Neugierig darauf, was es zu lernen und zu entdecken gibt. Neugierig darauf, was andere Meinungen ausmacht. Neugierig darauf, wie andere Menschen die Welt wahrnehmen, was sie fühlen, erleben, warum sie (re-)agieren, wie sie es tun. Neugierig auf eigene Denk- und Verhaltensmuster, auf die Innenwelt und ihre Wurzeln, auf die Räume des Sich-Begegnens. Neugierig darauf, den eigenen Horizont immer wieder ins Wanken zu bringen, die eigenen Grenzen zu sprengen, die eigene Wissens- und Erfahrungspalette immer wieder um Zwischentöne zu ergänzen und die Räume in Herz und Kopf zu formen, zu gestalten und damit verdammt nochmal niemals aufzuhören.

Der Büchersommer 2024 ist gesichert und Maria-Christina Piwowarski ist einfach eine QUEEN!!!

Toktoktok, der Specht ist da.

05.06.24

Endlich ist sie die, da Blaue-Blüten-Zeit! Der Borretsch wildert neben den Kornblumen, umrankt von rotem Mohn.

Markttag. Vor dem Fischstand: “Er macht das mit Liebe.” “Liebe ist immer schön.”

She’s a disco queen from a golden era. (Richard Thompson)

Das Buch mit dem vielleicht längsten Buchtitel, den ich mir unmöglich merken kann, gekauft. Himmel, dieses grauenvolle Cover. Aber es ist von Saša, also bitte, come on. Beim Reinlesen in der Buchhandlung laut gelacht, das ist vielversprechend. Außerdem hat Maria-Christina – Queen of Literaturempfehlungen – gesagt, dass es gut ist.

22 Uhr und noch nicht richtig dunkel. Unter einem Zelt aus Amselgesang trabtänzelt der Fuchs über die Straße. Der ist doch eh schon pfiffig, was will er denn auf dem Campus?

04.06.24

Um die Welt durch die Poesiebrille betrachten zu können, muss man sie natürlich auch aufsetzen und nicht auf dem Kopf oder im Etui vergessen.

Die Linde legt so richtig los jetzt.

Mutterschaft, what a crazy ride. Aber vielleicht das beste Übungsfeld für jegliche andere Beziehungen. Zuhören, nachfragen, sich mit Neugier begegnen, im Miteinander bleiben, nicht wegschauen, nicht abwenden, empathisch bleiben, in Beziehung sein. Und den Tag mit Kakaoküssen beginnen.

Werther, du Vogel.

03.06.24

Das große Schwedenhaus mit der blauen Fassade und der braunen Veranda am See. Links vom großzügigen Flur die Tür zum ersten Raum. Zwei Kakadus lächeln vergnügt aus ihrem Goldrahmen heraus. Die Discokugel schickt von der Decke aus schillernd bunte Lichtreflexe über ihr Gefieder. Ein Mädchen tanzt vergnügt mit einem lila Hoola-Hoop-Reifen zum Soundtrack der Neugier.

Daneben der zweite Raum. Keine Möbel sind darin zu finden. Nur zwei weiße, halbtransparente Vorhänge flattern vor der großen Fensterfront. Die Fenster geben den Blick frei auf den Steg am See, der täglich 24 Stunden goldenes Mittagslicht und Mut hereinströmen lässt.

Schräg gegenüber die kleine Kammer. Keine Fenster. Eine schwere Holztür. Die Wände mit schwarzem Lack dick angestrichen. Hier haust die Angst.

Am Ende des Flurs das große Zimmer. Halbrunde Decken, halbrunde Fenster mit weißen Sprossen. In der Mitte ein großer, ovalförmiger Tisch aus goldbraunem Holz. Die Opulenz wird in Form von perlmuttfarbenem Teegeschirr aufgetafelt. Serviert wird heute die Gelassenheit. Flauschige Hamster residieren auf dem Tisch. Zum Lesen ihrer Zwergenzeitungen tragen sie Brillen mit Goldfassung.

02.06.24

Wie die Nadel vom inneren Kompass völlig plan- und ziellos hin und herpendelt, wenn tägliche Routinen ad hoc unterbrochen werden. Ein einziges geistiges Umherirren auf der Suche nach Struktur, die sich dann wieder schnell zu eng anfühlt. Freiheit muss man auch aushalten können. Dieses Feintuning von Schwarz und Weiß zu einem stimmigen Grau ist eine Lebensaufgabe.

Psychologische Sicherheit öffnet die Türen zu Sanftheit und Empathie. Oder ist es andersrum?

Leidenschaftlich über Ironie in der Literatur diskutiert. “Du musst da die Meta-Ebene drüberlegen!”

Gänsehaut unter Wasser. Komisches Gefühl.

Alles, wirklich ausnahmslos alles, kann besonders und faszinierend und herzerfüllend sein, wenn es mit Neugier durch die Poesiebrille betrachtet wird.

01.06.24

Blumen am Bahnsteig.

Die Schneckenskulptur, die die inneren Kinder der Tourist:innen wachruft und auf unzähligen Urlaubsfotos zu sehen sein wird, die ist cringe.

Mutter und Tochter im Abendlicht im Partnerlook, irgendwo zwischen albern und verdammt sweet.

Love language ohne Worte – da muss man dann auch genau hinsehen und reinspüren und dann ist das so weich und warm und sanft und sicher und geht tiefer ins Herz, als Worte das vermutlich könnten. Actions speak louder.

31.05.24

Wo früher Fichten in Plantagen-Reihen abhingen, wuchert jetzt der Fingerhut ganz wild und bunt und bizarr und wunderwunderschön. Viele kleine Zwergenzipfelmützen leuchten von den Hängen.

Das beste Bier ist das, was viele Höhenmeter weiter oben auf dem Tisch steht.

Rudelfeeling – beste.

30.05.24

Wie beeinflusst der Wohnort das Schreiben? Thematisch, stilistisch, technisch?

Diese Trostlosigkeit von halbleeren XXL-Supermärkten. Wie die Produktflut unter fiesem Neonlicht darauf wartet, im Tausch gegen Geld mitgenommen zu werden. Wie die Menschen in überdimensionierten, schnurgeraden Gängen und zwischen menschenshohen Regalen lost wirken. Und dann schimmeln auch noch die Erdbeeren.

Das Auto ist ein fahrender Dancefloor, is ja klar.

Mich in Worte, leuchtendes Lachen und griffige Umarmungen fallen lassen.

“Was ist eine Kreuzung aus Otter und Robbe? Ein Roboter!”

29.05.24

“Die Arbeit mit Sprache ist eine Sinneserweiterung” sagt Jaqueline Schreiber in ihrem Schreibkurs. Der Schreibsinn. Mag ich.

“Papier oder Bildschirm?” fragt die Anzeige auf einem Magazin. Beides, antworte ich.

“Die Anrufweiterleitung wurde deaktiviert.” Wie wär’s denn gleich mit der gesamten Telefonanlage? Nur so als Idee.

Im Traum landen zwei tellergroße Schmetterlinge auf meinem Arm. Mit exzentrisch geschwungenen Flügeln, schwarz umrandet, mit orange-braunem Muster. Wie nicht von dieser Welt sehen sie aus. Später fällt mir ein, dass ich vor ein paar Tagen etwas ähnliches auf Instagram gesehen habe. Hat offensichtlich Eindruck hinterlassen.

Dieses eingezäunte Areal, das später wahrscheinlich irgendwie auch wieder nur Bauland wird. Wie Gräser und Mohn es sich jetzt temporär erobert haben, vom Zaun geschützt vor sich hin und hoch wuchern und der Mohn flammenrot am Zaunrand Wache hält.

Die Traurigkeit strömt am Abend genauso wie der Regen.

28.05.24

Das Amselpärchen, wie es durch den Garten cruised und Nestmaterial von A nach B schleppt. (Und ich wüsste schon gern, wo genau B ist.)

“Bei irgendjemandem ist ein Vogel aktiv.” Der Star der Telko.

Auf Instagram eine fancy-dreamy Pilzlandschaft aus Ton gesehen. Ok, vergesst Tassen, Schüsseln und Co. – DAS will ich ausprobieren! (Sagte sie, während frische Linoldruckplatten einzogen.)

Wieso haben Lesegemeinschaften oft so geschlossene Namen? Zirkel, Kreis… Wie exklusiv soll das alles sein? Ist der Club zwingend elitär oder kann er einfach auch ein geschützter (weil eben geschlossener) Raum sein? Und wie viel Spiel kann eine Sache, die Leichtigkeit UND Tiefgang vereinen willkanndarfsoll, schon im Namen vertragen?

Jetzt nochmal kräääääftig an den Pfingstrosenblüten schnuppern, bevor der Juni das Aroma wieder bis zum nächsten Jahr begräbt.

Korallenrot streift Kaugummirosa quer. Und queer.

So viele Bilder – und auf keinem einzigen ist ein Mensch zu sehen. (Schaufensterpuppen zählen nicht, kopflose erst recht nicht.)

Apropos Fotografie: So gern hinter der Kamera, weil dort mehrere Prozesse möglich sind: das Sich(Mich)-Verlieren in Details, totale Fokussierung, Ausblenden beim Einblenden. Und gleichzeitig Rauszoomen aus der eigentlichen Situation, Distanz durch die Linse, dabei sein können, ohne mittendrin sein zu müssen. Bei Konzerten übrigens so absurd: auch da ist das echte Gefühl eins, was hinter dem Handyscreen verschwindet – dann haste das Video für die Ewigkeit, aber den Moment selbst haste am Herzen vorbei konserviert.

Schreiben ist inneres Aufräumen.

27.05.24

Beziehungen sind wie Häuser. Sie müssen individuell eingerichtet werden, damit sich alle darin wohlfühlen. Sie müssen instandgehalten werden, um nicht zusammenzukrachen. Hin und wieder ist es sinnvoll, zu renovieren, umzuräumen, damit sie sich wieder stimmig anfühlen. Je nach Saison lassen sie sich anders gestalten. Je länger sie bewohnt sind, desto mehr muss man sie entgegen dem Alltagstrott pflegen, sie mit offenen Augen bewohnen. Kräftig durchlüften hält sie frisch. Und wenn es in der Küche brennt, dann wird der Brand sofort gelöscht, bevor die ganze Bude abfackelt.

Viele bunte Streusel

Viele bunte Riesenseifenblasen

Viele bunte Blüten

Warum sind giftige Pflanzen eigentlich immer so schön?

26.05.24

I could eat that girl for lunch, yeah, she dances on my tongue (Billie)

Der Goodmoodcocktail wird heute gemixt aus Musik, Sonne, Bewegung, Lyrik und Amore.

Cardio workout is a nasty bitch though

”Das ist gesund, da ist Vitamin C drin” “In Küssen ist auch Vitamin C drin!”

Erdbärchis

Liebe Filmindustrie, könntet ihr Kinderfilme bitte auch ohne Gewalt, Konkurrenzkampf und psychische Erniedrigungen in euren Geschichten spannend machen? Wäre großartig, danke, ciao.

25.05.24

Können wir das jetzt bitte ein für alle mal klären? Es heißt Reflexion. Mit x. Nicht mit kt. Danke!

“Wer hat Lust auf Regenbogenabenteuerzeit?”

Caroline Wahl, ich knie nieder (und klappe Windstärke 17 traurig nach der letzten Seite zu, streiche nochmal über die Buchdeckel und packe den Umschlag wie eine Kuscheldecke darum). Ciao, Ida, Leif, Marianne, Knut und Tilda, ich werd’ euch vermissen und hoffe auf ein Wiedersehen.

Erdbeernerdbeernerdbeernerdbeernerdbeernerdbeern

Ripley: beim 2. Mal noch genauso bildgewaltig und noch intensiver als beim 1. Mal. Seufz.

24.05.24

Mal einen Tag mit den zwei Spatzen verbringen, die so fröhlich über die Dachziegel hüpfen. Einer von beiden kratzt sich mit dem linken Fuß am Kopfgefieder, ehe er davonfliegt. Auf ins Stadtabenteuer!

“Hallo?! Sind Sie noch da?” fragt mich die Leseprobe nach einer Weile online mit einem Pop-up-Fenster. Wie passiv-aggressiv kann ein Tab sein?

Saftig-süßer Erdbeergeschmack.

Post-Its, Stifte, Textmarker. Gib mir mehr Neon!

“The best way to predict the future is to create it.” Damn right, Lincoln.

23.05.24

Naturgesetz: Wenn man Artischocken sieht, muss man sie schütteln, um zu überprüfen, ob sie nicht eventuell doch ein Musikinstrument sind. (Waren sie heute nicht.)

Ich mag Idas Wut in Windstärke 17. Das Gefluche. Die Kraft darin. Das Expressive. Und all das Sanfte und Verletzliche, was dahinter liegt. Denn so ist es ja meistens mit der Wut.

Sich (mir) selbst immer wieder die Erlaubnis geben, dass all das Kreative den (meinen) eigenen Regeln folgen darf. Das ist manchmal auch anstrengend und ermüdend. Aber dabei so wichtig. Kreativität als Auftrag ist wiederum nochmal eine Sache für sich, für die wiederum nochmal andere Regeln gelten.

Das mit den Buchrezensionen, das läuft jetzt eher so mittelprächtig. Dafür braucht es größere Zeitfenster. Mehr Luftigkeit. Respekt, wer das in einer krassen Fülle bzw. Dichte machen kann. Ich gehöre offensichtlich nicht dazu. Zumindest nicht unter den aktuellen Bedingungen. Mehr Luftigkeit. Hatte ich ja gesagt gehabt.

Weinflaschen mit Tiermotiven und sweeten Namen. Sohlengänger, Rebenwühler, Nachtsänger, Wipfelspringer, Sonnenfänger und Traubenräuber. Sohlengänger trifft Sonnenfänger – daraus lässt sich doch vielleicht was machen.

Wie die Augen der Kassiererin beim Anblick der kleinen Sukkulente mit ihren bunten Blüten geleuchtet haben, das war rührend.

Dieses Lobgehudel von Pflanzen, ihren Formen, Farben und Düften, ist das eigentlich trivial, wenn es nichts symbolhaftes hat? Frage ich mich und denke sofort: nee, isses nich. Weil: die Schönheit im Kleinen, im Vergänglichen, im Zyklischen, im Lebendigen und im Organischen zu finden, zu zelebrieren und mit Liebe zu betrachten, das ist IMHO sehr wert, geteilt und kultiviert zu werden.

22.05.24

Unpopular fact, aber eine:r muss es ja sagen: in einem Monat werden die Tage wieder kürzer. (Zonk-Geräusch)

Novemberwetter hittet im Mai anders als im November. Und die Füße meckern ganz besonders und fühlen sich ihrer Freiheit in festem Schuhwerk temporär beraubt.

Un attimo non c’è (Ambra)

Gute Jobs:

  • digitale Raumgestalter:in

  • Anstupser:in

  • In-Frage-Steller:in

  • lyrische:r Buffet-Anrichter:in

  • Wilde-Komma-Zähmer:in

  • Begeisterungsteiler:in

  • Horizonterweiter:in

  • Fäden-Verweber:in

  • Ideen-Cheerleader:in

  • Reflektor:in

Wie das Kino die umliegenden Straßen mit einer verführerische Popcorn-Duftspur durchströmt, ist ja auch einfach nur schön. Heute vermischt mit regennassem Blumenaroma.

Wie Zugehörigkeits- und Autonomiebedürfnis immer wieder völlig konträre Dinge einfordern. Mensch, da muss doch auch mal irgendeine Art von Balance möglich sein. Oder vielleicht halt einfach nicht? Oder vielleicht doch, nur eben noch nicht jetzt. Aber wann zum Kuckuck denn dann?

Vorgestern von Caroline Wahls Buch geträumt, heute Caroline Wahls Buch gekauft. Ein Wiedersehen mit Ida, Freude ab der ersten Seite.

Kleidung ist für mich nicht primär irgendwas mit Mode und Schönheit. Kleidung ist für mich: das erträgliche Maß an sensorischen Reizen finden, andere sensorische Reize im optimalen Maß ausblenden, die Stimmung hoch- oder runterregeln, Zugehörigkeit zeigen oder verbergen. Kleidung als Werkzeug, als Rüstzeug. Seltener ist sie auch ein Mich-Schmücken.

An der Mauer hat es sich ausgeheckt.

21.05.24

Der Mohn flammt! Und wie er das tut! Wild und selbstbewusst und wirklich überhaupt nicht zu übersehen.

Sehr viele interessante Warum- und Wie- und Was-Fragen gestellt bekommen. Sehr wenige davon wirklich konkret beantworten können. Welcher war denn nun der erste Baum auf der Erde?

Ach, hallo, Versagensangst, du schon wieder. Wäre glatt gelogen, wenn ich sagen würde, dass es schön ist, dich zu sehen. Diese Angst vor sozialer Ablehnung in Gruppen. Diese Angst, als inkompetent entlarvt zu werden. Diese Angst, zu enttäuschen. Diese Angst, nicht genug zu wissen, zu können, zu sein.

In Kacheln über Plastikstühle sprechen. Über vertraute Gesichter sehr freuen, fehlende Gesichter vermissen. Lust bekommen, öfter mal Texte laut auf Französisch zu lesen.

Wie der Frühsommer dieses Jahr auch schmeckt: nach getrüffeltem Grana Padano, Quittensauce und saftigen Plattpfirsichen. My kind of luxury.

Nach den Zitronen kommen die Eulen.

20.05.24

Im Traum hat Maria-Christina Piwowarski in einer Buchhandlung Bücher signiert – egal, welche. Eine Etage tiefer das neue Buch von Caroline Wahl gekauft, es auf der Rolltreppe hochgefahren und in die lange Schlange eingereiht.

“To share music is to trust someone” (The Pearlfishers)

Die Pfingstrose ist dieses Jahr late to the pfingstparty. Dafür ist die Iris weiterhin überall on fire.

Dill: ein komplett unterschätztes Küchenkraut.

Augen auf Stirn-, Lippen auf Augen- und Kehlkopf auf Kinnhöhe.

“Was ist orange und läuft durch die Berge? Eine Wanderine!”

Mir einen Abend mit mir selbst geschenkt. Das Buch, der Linoldruck, die singende Amsel in der Abenddämmerung.

19.05.24

Also diese Wonka-Schokolade, die würde ich schon gerne probieren können. Die mit den Gewitterwolken, gefüllt mit Sonnenlicht. Stelle mir die Füllung vor wie Gelee. Mit Orangennote vielleicht.

Wie schwer das ist, die eigene Stimme zu hören, wenn es im Außen übermäßig stark trubelt.

Wieso wirken Indoor-Spielplätze oft so, als wären sie von Menschen konzipiert worden, die Kinder bzw. Menschen generell selbst doof finden?

Wackelboard – SEHR gute Sache!

Haben wir eine moralische Verpflichtung, uns unserer Schwächen, Einflüsse, Blockaden, Trigger, Muster etc. bewusst zu werden und an ihnen zu arbeiten, um all unsere Beziehungen so gut wie möglich zu gestalten? Oder ist es bedingungslos okay, zu sagen: dieses und jenes kann ich nicht und kann bzw. will im Moment (oder vielleicht auch niemals) etwas daran ändern?

Und natürlich ist Beziehungspflege Arbeit. Und natürlich darf Arbeit Spaß machen, aber sie macht sich eben nicht von selbst. Und vielleicht ist Arbeit auch ein zu starres, trockenes Wort dafür. Vielleicht trifft Gestaltung es auch besser, weil dort der Raum für Möglichkeiten und für freudvolle Veränderung schon direkt enthalten ist. Ach ja, da oben steht’s ja auch: gestalten. Aber arbeiten steht da auch. Hm.

Auf Instagram einen tätowierten Apfel gesehen und ihn für sehr schön befunden.

Manchmal ist im Zwischenmenschlichen gar nicht der Abschied der schwere Part, sondern das Ankommen. Das Ins-Miteinander-Finden, sich gemeinsam im Hier zurecht zu ruckeln. Und wie gut es ist, zu wissen, dass das total okay ist, weil menschlich.

18.05.24

Holy Aperoli!

17.05.24

Das Tintenblau nebenüberunter dem Zitronengelb, eingefangen vom Schattenmond.

FOMO, schon wieder! Vielleicht wird daraus am Ende JOMO, wenn ich ausreichend schlafe und Luftinseln genieße. Vielleicht, vielleicht.

Neurospicy brain talk

der Geschirrspüler wurde fast eingeräumt
die Wäsche fast einsortiert
der Rechnungsbetrag fast pünktlich überwiesen
der Artikel fast fristgerecht eingereicht
doch dann schaltete das Gehirn sich ein und alles aus
regulärer Ausnahmezustand, exekutive Dysfunktion
rien ne va plus
neenee, jetze nich, Frollein
gib mir erstmal Dopamin
nicht nur in homöopathischer Dosis
nicht nur so tröpfchenweise, are you kiddin’?
mach den Becher mal rantekantevoll
lass uns erstmal schief und scheckig lachen
erst das Vergnügen, dann die Arbeit
dann kommen wir ins Geschäftigsein
der Moment wird kommen, ich schwör’
er kommt halt nicht, wenn’s dir passt
er kommt halt irgendwann, aber dann
schmeißen wir den Turbo an
ratzfatz
GeschirrspülervollWäschesortiertRechnungüberwiesenArtikeleingereicht
bäm
und das ist halt so und das lässt sich auch nicht ändern
und das lässt sich auch nicht üben
und das lässt sich auch nicht wegoptimieren
mit Druck oder der Brechstrange oder
mit irgendeinem Mindset-Scheiß
dasishaltso
und das ist okay
und du bist okay
und das Chaos isses auch
und das stand eben im Kleingedruckten
vom Mietvertrag zwischen dir und mir
und hey, wir machen daraus ne Superpower
die zu groß ist für jede Schublade
offene Regale sind doch eh genau dein Ding

16.05.24

“Fledermäuse, Regenwürmer und Elefanten haben also Superkräfte!” So das Fazit eines Beitrags im Radio, bei dem ich leider erst bei diesem Satz aufmerksam war. Welche Superkräfte haben denn Elefanten?

Tauben, die haben auf jeden Fall auch Superkräfte! Sie können (im Gegensatz zu den meisten anderen Vogelarten) Flüssigkeit wie mit ‘nem Strohhalm einsaugen. Saugtrinken nennt man das. Wie cool ist das bitte?

Überhaupt, Tauben und ihre Audacity. Wie sie zu dritt lässig vor einem Auto auf der Straße vorbeischlenderten und erst auf energisches Hupen hin entschieden haben, den Blechvogel dann doch mal vorbeiziehen zu lassen.

Auf einem Wackelbrett stehen und geistig plötzlich komplett still werden. So fühlt sich das an? Und so einfach geht das? Beeindruckend.

15.05.24

Im Newsletter von Laura Horn gelesen: “I flick through the pages and talk about the benefits of sowing many seeds of inspiration and not worrying if they don't fit into a theme or look like a cohesive style. There is plenty of time for that later, but there's an advantage to delaying that process and lingering in the experimental phase.” Sowing many seeds of inspiration – hell, yes!

Meine Gedanken sind kein Karussell. Meine Gedanken sind eine sechsspurige Autobahn ohne Tempolimit bei Starkregen, auf der mindestens drei Geisterfahrer unterwegs sind. Es gibt keinen Standstreifen und aus irgendeinem Autofenster dröhnt laut Techno.

Zitronentarte mit Baiserhaube. So schmeckt der Frühsommer.

So blöd, das Sport so blöd ist und so gut tut.

“Warum heißt Gips eigentlich Gips?”

14.05.24

Wie gut sich kreative Routine anfühlt. Wie viel Halt sie gibt, wenn sie in ihrer Regelmäßigkeit luftig und frei bleibt. Endlich ein Bereich, in dem das mit der Balance für den Moment mal federleicht ist – wenn es sonst so ein wildes Strudeln und Pendeln und Suchen ist.

Jemandem nur schwer zuhören können, weil die Edelsteine in den Ohrringen im Sonnenlicht so anziehend funkeln.

Psychologische Sicherheit bedeutet auch, ohne Scham oder Angst offen sagen zu können: “Ich kann morgen nicht, weil ich gerade nicht mehr kann.”

Abends von Pfingstplänen erzählen und wenige Minuten später in die Zitronenserienproduktion einsteigen.

Italien, hallo, Achtung, eine Durchsage: Tiramisù ist nice, aber noch nicer mit frischen Erdbeeren als Topping. (Und Tiramisù alle fragole gibt es natürlich, aber da fehlt in den Rezepten meistens die Kakaoschicht oben und das ergibt ja nun wirklich überhaupt keinen Sinn.)

13.05.24

“Auf die Plätze, fertig, los!” Wie sehr sich Turnhallenklänge immer noch nach dem Stress von Sportunterricht anfühlen. Gab bzw. gibt es – abgesehen von den wenigen Teamsportarten – überhaupt irgendeine Art von Kooperations- statt Konkurrenzgedanken in diesem elendigen Fach, das nachhaltig Freude an Bewegung zerstören kann? Wobei das bei vielen natürlich auch für viele andere Fächer gilt.

Yeah, it’s Iris-Season! Mein Gott, wie überirdisch schön diese Pflanzen einfach sind! Rechts ranfahren, aussteigen, Bilder machen, einsteigen, weiterfahren. Blumentourismus.

Abends hat jemand in der Nähe sehr viel Freude daran, laut zu singen. What is love? Baby don’t hurt me! Und auch I know what I want and I want it now. Noch Stunden später davon einen Ohrwurm, als die backing vocals von Amsel, Taube, Hornisse und Sirene längst verstummt sind. Hartnäckige 90er.

Die Geräusche, die Federballschläger machen, wenn man sie mit Schmackes durch die Luft zieht oder kräftige Achten mit ihnen schreibt, sind schon sehr gut.

“Was ist ein Keks unter einem Baum? Ein schattiges Plätzchen!”

12.05.24

Dieser Zug, der sich fast schon wie ein Wohnraum anfühlt, sofern DER Sitzplatz frei ist und die Kopfhörer funktionieren und die Toilette nicht kaputt ist. Nur diese Sache mit der Klimaanlage, ich weiß doch auch nicht. Ein Zug sollte vor allem zügig, nicht zugig sein.

Diese Wiese mit den Akeleien in unzähligen Farben und den riesigen Kornblumen und den Disteln und den kniehohen Gräsern. Vielleicht die letzte Saison, bevor das alles Beton und Zäunen weicht. Und vermutlich Hecken und akkurat gemähtem Rasen. Schottereinfahrten. Adieu, Biotop, es war so wunderbar wild mit dir.

Später passend dazu bei Gabriele von Arnim gelesen, wie sie den Biologen Peter Berthold zitiert: “Wenn alle Gärten naturnah wären, hätten wir deutschlandweit einen Biotopenverband.” Und wie er die meisten Vorgärten als “Psychopathengärten mit runtergehobeltem Psychopathenrasen” bezeichnet. Mit der Wortwahl nicht einverstanden, mit dem, was er damit sagen will, hingegen sehr.

Diese Seite gelesen, auf der Krähen und Dohlen und Raben sich begegnen. Dabei draußen die Krähen gehört.

Die Lückenlyrikpraxis mit in das Wohnzimmer auf Schienen genommen. Ein schwer zu verortendes Gefühl der diffusen Beruhigung gespürt. Eine Routine, die sich anfühlt wie etwas, das ich jederzeit wie ein Maskottchen in der Hemdstasche bei mir tragen kann. Gut zu wissen, wirklich gut zu wissen.

11.05.24

Ein Graffito, das einen Zug von außen jetzt eher nicht dekorativ gekleidet hat, von innen durch die Scheibe aber so schöne Farbreflexe gezaubert hat. Perspektivwechsel – so hilfreich.

Der Halbgeviertstrich ist und bleibt einfach das schönste aller Interpunktionszeichen!

Ein Paar im Zug: “Ein Sternzeichen, das du magst, und wieso.” “Das ist mir egal.”

Ein Paar im Supermarkt: “Was willst du mit Ashwaganda?”

Ein Paar auf der Straße: “Schau, wie viele Kleiderbügel!” “Hammer!”

FOMO in Sachen Polarlichter. Die App hat mich benachrichtigt; zu faul gewesen, das warme Bett nochmal zu verlassen. Schlaf über Bucket List. Prioritäten. Dann aber hoffentlich ein andermal. Und dann wecke ich alle.

Von der Straße schallt es herauf: Today is where your book begins. The rest is still unwritten.

“Du riechst nach Sonne!”

10.05.24

Im Friseursalon gehört, wie eine Kundin auf die Frage, ob sie noch was braucht, energisch antwortete: “Ja, der Pickel muss weg!”

Kurz darauf gehört, wie ein Mann lautstark zu seiner Frau im Kaufhaus sagte: “Ehrlich, das sieht aus wie ne Kittelschürze! Gleich kommt das Mehl!” Das Kleid war rot und die Frau war wunderschön.

Hauptstädte und Bundesländer in Kinderschrift auf Karteikarten. Hach.

Diese Menschenmassen in der Innenstadt! Wo kommen die alle her? Wo wollen die alle hin? Was zum Geier?

Mailicht sollte es in Flaschen zu kaufen geben. Von November bis März könnten wir es so, so gut gebrauchen.

“Guten Tag, Sie haben da so Gläser mit Kakadus im Schaufenster. Könnte ich mir die mal anschauen?”

Locken am Brocken.

09.05.24

Mir egal, ob wir auf den Mars umsiedeln können oder Zeitreisen möglich sein werden. Aber Träume aufnehmen und in Farbe abspielen können, DAS wär’s doch!

Verstehe die hitzige Diskussion darüber, ob Übersetzer*innen aufs Cover gehören oder nicht, einfach grundlegend nicht. Die einzig sinnvolle Antwort auf diese Frage lautet: JA, na klar, verdammt nochmal! Der Kjona-Verlag macht es übrigens vor.

Ripley. Woah, diese Serie! Diese unfassbare Schwarz-Weiß-Ästhetik! Was jetzt tun: Filmemacherin werden oder wieder mit analoger Fotografie anfangen? Naja, oder alternativ halt nach Italien auswandern.

Wünsche mir eine Ausstellung unter dem Titel “Dopamine Art” – mit farbenfrohen Bildern. Neonpink, Royalblau, jede Menge Gelbtöne. Abstraktes neben Figürlichem, irgendwas mit Italien neben irgendwas mit Vögeln, jung, frei, fröhlich, frech. Im Ausstellungsraum läuft Musik mit groovenden Blechbläsern und es gibt fancy Cocktails aus fancy Gläsern und einen Stand mit Postern und Postkarten und bedruckten Tüchern und Glasmurmeln.

08.05.24

Der giftiggelbe Ginster, der im Garten rotzefrech im letzten Jahr einfach so aufgetaucht ist und jetzt im Beet thront und dabei in seiner Blütenpracht aussieht wie ein explodierendes Feuerwerk.

Olga Ravn schreibt in “Meine Arbeit” in so einer Schönheit über die emotionalen Abgründe, die sich durch Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft auftun können, dass ich beim Lesen komplett absorbiert werde und einmal mehr feststelle: Manche Wunden heilt die Zeit einfach nicht von allein. Vielleicht sogar die allerwenigsten?

Und überhaupt: die Zeit. Mit einem Freund neulich darüber sinniert, wie man einen Tag am besten misst, also in welcher Einheit. Und ob Mitternacht wirklich die Grenze zwischen einem Tag und dem nächsten ist. Mich heute in die Idee verliebt, im jahreszeitlichen Rhythmus der wechselnden Spanne von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zu leben. Die kapitalistische Leistungsgesellschaft lacht abfällig auf: Was für eine Spinnerin bist DU denn?

Kinderlachen, das sich mit Amselgesang, Gartenschlauchspritzern und Besenfegegeräuschen im abendlichen Ginsterleuchten zu einem frühsommerlichen Klangteppich verwebt. “Hallo, ihr Pupskanonen!”

Eine Taube gesehen, die aussieht, als könnte sie sich wie ein Chamäleon an die Umgebung anpassen. Chamäleons ändern (je nach Art) unter anderem ihre Farbe, wenn sie balzen, Stress haben oder krank sind. Welche Farbe Taubengefieder wohl annehmen würde, wenn eine Taube sich in eine andere verknallt? Würde sie regenbogenfarben schillern?